Die aktuelle Orientierungsprozedur im Zyklus 4 in der Grundschule besteht ja aus verschiedenen Evaluierungen und Beratungen, die sowohl eine Bewertung der Schülerleistungen, Lehrerempfehlungen und Elterngespräche beinhalten, um den Schülern bei der Auswahl des weiteren Bildungswegs zu helfen.
Orientierung für Kinder im Alter von 3 bis 12 Jahren kann jedoch auch noch andere Aspekte umfassen wie zum Beispiel eine Vielzahl von verschiedenen Aktivitäten und Erlebnissen, die darauf abzielen, ihre Interessen, Fähigkeiten und Talente zu erkunden und zu entwickeln, um somit eine solide Grundlage für ihre schulische Laufbahn und später für ihre berufliche Zukunft zu schaffen. Dazu gehören unter anderem spielerische Lernaktivitäten, Berufsinformationen und Exkursionen, die ihnen helfen, sich ein Bild von möglichen Bildungswegen und Berufen zu machen. Es geht hier vor allem darum, ihre Neugierde zu wecken, Selbstbewusstsein aufzubauen und die Kinder bei der Entwicklung einer positiven Einstellung zur Schule und zur Zukunft zu unterstützen.
Orientierung bedeutet für mich aber auch, Verantwortung zu übernehmen und soziale Kompetenzen entwickeln, die für den schulischen und beruflichen Erfolg wichtig sind.
In der Grundschulbildung bezieht sich “Karrierefähigkeit” darauf, den Schülern Fähigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln, die sie auf ihr zukünftiges Berufsleben vorbereiten.
Dazu gehören grundlegende Fähigkeiten wie Kommunikation, Problemlösung, kritisches Denken, Kreativität, Teamarbeit und Selbstmanagement, die ihnen helfen, in der Zukunft erfolgreich zu sein.
Die Integration von "Karrierefähigkeiten" in die Grundschulbildung ist daher für mich entscheidend, da diese den Schülern ein solides Fundament für ihre zukünftige (berufliche) Entwicklung bieten. Indem diese Fähigkeiten bereits in jungen Jahren entwickelt werden, können Schüler besser auf die weitere schulische Laufbahn und auf die Anforderungen des Arbeitsmarktes vorbereitet werden und haben größere Chancen auf beruflichen Erfolg. In der Schule können zbsp. Schüler, die Probleme erfolgreich lösen können, ihre Lernfähigkeiten verbessern und akademische Leistungen steigern. Im Beruf sind Problemlösungsfähigkeiten entscheidend, um effizient zu arbeiten, Hindernisse zu überwinden und den Arbeitsalltag erfolgreich zu bewältigen. Arbeitgeber schätzen Mitarbeiter, die Probleme eigenständig identifizieren und lösen können, was zu besseren Karrierechancen führt.
Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass die Integration von Karrierefähigkeiten in die Grundschulbildung positive Auswirkungen sowohl auf die akademische Leistung, als auf die Motivation der Schüler und ihre Fähigkeit zur Bewältigung der Anforderungen des modernen Arbeitsmarktes hat (Schleicher, A. (2019). PISA 2018 Insights and Interpretations /OECD). Darüber hinaus betonen Studien die Bedeutung sozial-emotionaler Fähigkeiten für den langfristigen beruflichen Erfolg, (Stephanie M. Jones, Sophie P. Barnes, Rebecca Bailey, Emily J. Doolittle (2017) Promoting Social and Emotional Competencies in Elementary School; vol 27, N°1),für eine höhere Berufszufriedenheit und für eine bessere Leistung am Arbeitsplatz und die Bewältigung komplexer Aufgaben im Beruf.
Durch gezielte Lehrmethoden und Programme, durch diverse schulische und außerschulische Aktivitäten und Projekte, die darauf abzielen, diese Fähigkeiten zu entwickeln, kann die Grundschule bereits dazu beitragen, die Bildungs- und Karrierechancen ihrer Schüler zu verbessern und sie auf eine sich schnell verändernde Arbeitswelt vorbereiten.
Ich bin der Meinung, dass ein ganzheitlicher Ansatz zur Orientierung im neuen Lehrplan für die Grundschule folgende Aspekte umfassen sollte, um sicherzustellen, dass Schüler ihre Fähigkeiten, Interessen und Zukunftsperspektiven erkunden und entwickeln können:
Die Schüler sollten ermutigt werden, über ihre Stärken, Schwächen, Interessen und Ziele nachzudenken, d.h. eine frühzeitige Selbstreflexion und Persönlichkeitsentwicklung. Dies kann durch Aktivitäten wie Persönlichkeitstests, Selbstbewertungen und Tagebuchführung erfolgen.
Außerdem sollten alle Schüler bereits in der Grundschule die Möglichkeit haben, verschiedene Aktivitäten und Erfahrungen auszuprobieren, einschließlich kreativer, sportlicher, technischer und akademischer Aktivitäten. Dies könnte zum Beispiel durch Projekte, Exkursionen, Gastredner oder Mentorenprogramme ermöglicht werden.
Die Einbeziehung von Eltern und der lokalen Gemeinschaft scheint mir ebenfalls sehr wichtig. Beide können bei der Orientierung der Schüler eine wichtige Rolle spielen, indem sie Einblicke in verschiedene Berufe und Lebenswege bieten und Möglichkeiten für freiwilliges Engagement und später für Praktika schaffen.
Schüler sollten bereits frühzeitig die Möglichkeit haben, verschiedene Berufe kennenzulernen um zu verstehen, welche Fähigkeiten und Qualifikationen für sie erforderlich sind. Das Projekt „Hallo Handwierk“ von der Chambre des Métiers in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Bildung, Kinder und Jugend (SCRIPT/ Maison de l’Orientation) ist ein gutes Beispiel dafür, wie man das Interesse am Handwerk und seinen Berufen bereits im Grundschulalter wecken kann. Diese und ähnliche Aktivitäten sollten im neuen Lehrplan unbedingt verankert werden.
Kommunikation, Teamarbeit, Problemlösung und kritisches Denken sind Schlüsselkompetenzen, die in allen Berufen und Lebensbereichen von entscheidender Bedeutung sind. Sie müssen neben akademischen Fähigkeiten weiter gefördert werden.
Schließlich ist es in einer zunehmend digitalisierten (Arbeits-)Welt wichtig, dass Schüler nicht nur grundlegende digitale Fähigkeiten bereits in der Grundschule entwickeln, sondern sie auch konkrete Anwendungsbereiche kennenlernen oder vielleicht auch in der Klasse Gedanken machen, wie sich die digitale (Arbeits-)Welt weiter entwickeln wird.
Ein ganzheitlicher Ansatz zur Orientierung in der Grundschule sollte also verschiedene Aspekte berücksichtigen, um sicherzustellen, dass Schüler ihre Fähigkeiten, Interessen und Zukunftsperspektiven erkunden und entwickeln können.
Schülerinnen und Schüler haben jeweils unterschiedliche Talente und Stärken. Die schulische Evaluation muss also dementsprechend vielfältig sein, um verschiedene Fähigkeiten und Interessen der Schülerinnen und Schüler berücksichtigen zu können. Dies kann durch verschiedene Bewertungsmethoden wie mündliche Präsentationen, Projekte, Portfolios und praktische Aufgaben erfolgen, die unterschiedliche Talente und Stärken ansprechen. Die Schule muss also eine ganzheitliche Bewertung durchführen, um das volle Potenzial der Schüler zu erkennen und zu fördern.
Es ist auch wichtig, ein unterstützendes Umfeld zu schaffen, das den Schülern ermöglicht, Risiken einzugehen, Fehler zu machen und aus ihnen zu lernen. Die Förderung einer positiven Einstellung zum Lernen und zur persönlichen Entwicklung kann auch dazu beitragen, dass Kinder ihr volles Potenzial entfalten können, ohne sich frühzeitig in einem bestimmten Bereich abzuschreiben. Die Lehrkräfte spielen hierbei eine wichtige Rolle, indem sie die Schülerinnen und Schüler ermutigen, ihr Potenzial zu erkunden und zu entwickeln.
Schulische und berufliche Orientierung ist ein kontinuierlicher Prozess, der sich über das gesamte Leben erstreckt. Den Grundstein für die lebenslange Orientierungsfähigkeit muss bereits in der Grundschule gelegt werden, indem sowohl akademische, praktische und soziale Aspekte berücksichtigt werden.
Ich würde mir daher wünschen, dass die schulische und berufliche Orientierung im neuen Lehrplan sichtbarer formuliert ist, indem Ziele, Inhalte und Methoden deutlich definiert werden. Dies sollte sowohl den Erwerb der Kompetenzen für eine lebenslange Orientierungsfähigkeit beinhalten als auch das Vermitteln von Informationen über die verschiedenen Bildungswege und Berufsfelder, oder das Teilnehmen an praktischen Erfahrungen.
In diesem Sinne wäre es mir auch wichtig, dass in Zukunft “alle” Kinder in der Grundschule die Möglichkeit nutzen, verschiedene Arbeitsumgebungen oder Berufe kennenzulernen, sei es durch eine Integration von spielerischen Aktivitäten, Gesprächen über verschiedene Berufe und durch einen Besuch auf der „YEP Schoulfoire“, die mittlerweile jährlich stattfindet. Nur so können Kinder schon früh ein Bewusstsein für ihre Interessen und Stärken entwickeln.
Die Umsetzung ist natürlich abhängig, sowohl von dem vorgesehenen Zeitrahmen im Lehrplan als auch von der Verfügbarkeit und Ausbildung des für die Orientierung zuständigen Personals. Ein dritter Wunsch wäre demnach, dass die Grundschulen über speziell ausgebildetes Personal verfügten, um Schüler angemessen und bei Bedarf individueller in diesem kontinuierlichen Prozess zu begleiten und zu unterstützen oder aber, dass vor allem die Initialausbildung aber auch die Weiterbildung der Lehrkräfte und die Ausrichtung des neuen Lehrplans diesen Anforderungen gerecht gemacht werden.